Samstag, 20. Oktober 2007

Lion's Head, Langa Township & Robben Island

In Kapstadt ist es wirklich schwierig, den Hintern hochzukriegen, obwohl es soviel zu sehen gibt. Die ersten beiden Tage haben wir fast nur in der Umgebung der Long Street verbracht, sind durch die Strassen geschlendert und haben ein Cafe/Restaurant nach dem anderen ausprobiert, Chai getrunken (in Vorbereitung auf Indien), Castle, Amarula, suedafrikanischen Weisswein, dazu kann man sich hier an einer einzigen Strasse durch die ganze Welt futtern. Einen Abend haben wir an der Waterfront verbracht, die uns aber nicht wirklich gefallen hat, viel zu touristisch und sehr dekadent. Wir wurden von einem Bettler angesprochen und Olli hat gemeint, er solle doch bitte einen der Kerle mit den dicken Autos anbetteln, die haetten viel mehr Geld als wir.
Wir sind dann in einem Restaurant namens Emily's gelandet, dessen Einrichtung aeusserst interessant ist - Kronleuchter, pink, violett und rot gestrichene Waende und eindeutige Bilder an den Waenden. Da wir ja jung sind und von gutem Essen noch keine Ahnung haben koennen, wurden wir an einen Durchgangstisch gesetzt, an dem permanent die Kellner vorbei gerannt (ja, wirklich gerannt!) sind und auch sonst nicht wirklich gut bedient. Dies hat sich schlagartig geaendert, als wir ein Notizbuch ausgepackt und Fragen zum Restaurant und zur Zusammensetzung der Speisen gestellt haben. Ab sofort wird die Gourmet-Kritiker-Masche regelmaessig angewandt.

Vorgestern haben wir uns endlich aufgerafft und wollten mit der Bahn auf den Tafelberg hoch (habe ich schon erwaehnt, dass wir gerade schrecklich faul sind?). Wegen des Windes fuhr der Cableway nicht, also haben wir uns umentschlossen und sind auf den Lion's Head gestiegen. Dieser (kleine) Berg liegt zwischen dem Tafelberg und dem Meer und ist mit 669 m um einiges kleiner. Trotzdem hat man, ist man erstmal oben, eine wunderschoene Sicht auf ganz Kapstadt und bis nach Robben Island. Das hatten wir uns nach Gekraxel ueber Leitern und an Ketten und tiefen Abgruenden entlang auch verdient. Wieder unten, waren wir dementsprechend muede und wurden gluecklicherweise von einem netten Einheimischen mit in die Stadt genommen. Unser erster Eindruck hat sich bestaetigt, die Leute hier sind wirklich unglaublich freundlich und hilfsbereit.

Gestern haben wir den bisher spannendsten Tag erlebt. Um halb neun wurden wir abgeholt und als erstes zum District Six Museum gebracht. District Six war frueher ein Stadtteil, in dem Schwarze, Weisse, Coloureds etc. gelebt haben, bis er von der Apartheid-Regierung zum weissen Gebiet erklaert und die Leute umgesiedelt wurden. Mittlerweile wohnt ein Teil der ehemaligen Bewohner wieder dort und die anderen haben auf dem riesigen Strassenplan, der den Boden der alten Kirche bedeckt, in dem das Museum untergebracht ist, ihre ehemaligen Adressen eingezeichnet. Es stimmt sehr nachdenklich, wenn das Leid dieser Zeit, das ich bisher nur aus Buechern kannte, ploetzlich Gesichter bekommt.
Danach sind wir ins Township Langa gefahren, benannt nach einem ehemaligen Haeftling auf Robben Island. Wir durften verschiedenen Wohnungen anschauen, in den Laeden dort einkaufen, haben einen Medizinmann besucht und dort gebrautes Bier probiert, das doch ziemlich gewoehnungsbeduerftig ist. Am Schoensten war aber der Besuch in einer Schule. Die Kinder haben fuer uns gesungen und getanzt und uns wurde erklaert, dass sie auch Lieder lernen, die sie lehren, ihren Koerper zu lieben und ermuntern, mit der Lehrerin zu sprechen, wenn jemand sie unerlaubt anfasst. Auch die Kinder auf der Strasse freuen sich ueber den Besuch, sie wollen mit einem spielen und wenn man anfaengt, sie rumzutragen oder mit ihnen auf dem Ruecken rumzuhuepfen, wollen sie einen kaum mehr gehen lassen.
Nach diesem wirklich schoenen Vormittag im Township, in dem es nicht schlimmer aussieht als auf den ganz normalen Strassen von Nairobi, sind wir nachmittags mit dem Boot nach Robben Island gefahren. Als erstes haben wir eine Fahrt ueber die Insel unternommen, unser Guide, wohl Sohn eines Opfers der Apartheid-Regierung, hat flammende Reden ueber den Zustand der Welt gehalten, die mehr einer Anklage glichen, waehrend ich - Schande ueber mich - ganz fasziniert war von den zahlreichen Hasen, die ueber die Insel hoppeln. Das Gefaengnis der politischen Haeftlinge wurde uns von einem ehemaligen Insassen gezeigt, der die Schrecken dieser Zeit sehr gut deutlich machte, vor allem aber auch die Abstrusitaet der ganzen Idee, die dahinter steckte. Mit einem Kopf voller neuer Eindruecke sind wir wieder nach Kapstadt zurueckgekehrt.

Mittlerweile ist es Samstagmittag, wir haben das Castle of Good Hope besucht und wollen nachher gleich auf den Tafelberg, wenn wir es zeitlich noch schaffen. Fuer Montag will noch ein Mietwagen organisiert werden, denn dann werden wir die Stadt schweren Herzens verlassen. Ausserdem ist heute Abend das Rugby-Finale zwischen Suedafrika und England und die ganze Stadt spielt seit gestern verrueckt, etwa so wie in Deutschland letzten Sommer. So werden wir uns also mit unserem Faehnchen um Viertel vor acht ins Long Street Cafe setzen und Suedafrika die Daumen druecken!
Lion's Head, Township & Robben Island

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Geniesst die Tage in Cape Town. Und bestellt den Pelzrobben dort die herzlichsten Grüße.

P.S.: Seit gestern ist die Uni wirklich "Elite".......

Anonym hat gesagt…

Ich hoffe, dass ihr auch das "Faulsein" genießen könnt und grüße aufs Allerbeste aus dem hohen Norden,
Johannes