Samstag, 1. Dezember 2007

Von Sihanoukville nach Hanoi

Mittlerweile sind wir in Vietnam angelangt. Vor einer knappen Woche sind wir mit dem Bus ueber Phnom Penh nach Saigon gefahren, oder auch Ho Chi Minh City, der offizielle Name, den aber so gut wie niemand verwendet. Dafuer haengt ein Bild von Ho Chi Minh sonst in jedem Gebaeude an der Wand und er laechelt einen auch von saemtlichen Geldscheinen an. Soviel zum Thema Kommunismus. Ueberhaupt kommt es uns so vor, als seien ehemals kommunistische Staaten nun dem Kapitalismus wesentlich mehr zugetan als wir "im Westen". Wir hatten die Hoffnung, dass wir in Vietnam nicht mehr nur als Geldquelle betrachtet werden, die man schroepfen kann, und in Saigon hat sich diese Hoffnung auch zum grossen Teil erfuellt. Die Stadt ist eine spannende Mischung aus asiatischen und franzoesischen Einfluessen, was sich unter anderem in sehr gutem Essen niederschlaegt, was uns natuerlich sehr wichtig war, vor allem, da Kambodscha diesbezueglich fuer unseren Geschmack nicht allzu viel zu bieten hatte. Neben Besuchen in diversen Restaurants und auf dem Markt - die Sachen hier sind so schoen, aber leider sind die Preise auch dementsprechend! - haben wir uns diverse Museen angeschaut, die vor allem die neuere vietnamesische Geschichte behandeln. Wenn man sieht, was im Vietnamkrieg (hier heisst es American War) abgegangen ist, wird einem wirklich fast schlecht angesichts der Tatsache, dass sich noch immer jeder potentielle US-Praesident mit den Veteranen zeigen muss und nicht das Rueckgrat hat, die Wahrheit auszusprechen - ein Teil der Leute wuerde heute noch nach Den Haag gehoeren!
Nachdem wir uns mit solch traurigen und schockierenden Tatsachen auseinander gesetzt hatten, sind wir am naechsten Tag ins Mekong Delta gefahren. Wir hatten uns vorgestellt - so stand es eigentlich auch in der Broschuere -, dass wir mehr oder weniger den ganzen Tag auf dem Fluss unterwegs sind. Die Realitaet sah so aus, dass wir erst Reis-, Bananen- und Schlangenschnaps probieren durften, Olli sich eine Python um den Hals gelegt hat, wir dann an Souvenirstaenden vorbei ueber eine Insel geschlappt sind, um eine Darbietung traditioneller vietnamesischer Musik inclusive CD-Verkauf zu geniessen und eine Coconut Candy Fabrik besucht haben. Am Ende hatten wir wenigstens noch das Glueck, mit dem Boot auf dem Fluss zurueck nach Saigon zu fahren, das war wirklich wundervoll. Ueberall waren traditionelle Holzschiffe mit Waren unterwegs und kurz vor der Stadt konnten wir auch noch den Sonnenuntergang geniessen.
Vor drei Tagen sind wir mit einem Billigflieger nach Hoi An geflogen, das etwa in der Mitte zwischen Saigon und Hanoi liegt. Dort gibt es eine Altstadt, die UNESCO-Weltkulturerbe ist, was die Vietnamesen aber nicht davon abhaelt, wie die Verrueckten mit dem Motorbike durchzurasen. Olli hat sich fuer 50 Euro einen Anzug schneidern lassen, der Aufenthalt hat sich also gelohnt!
Am zweiten Tag haben wir uns selbst ein Motorbike gemietet und sind zu den Marmorbergen gefahren, wo es Hoehlen und Pagoden in allen Variationen zu besichtigen gibt. Dort waere uns angesichts der offensichtlichen Handaufhalte-Mentalitaet dann auch beinahe mal der Kragen geplatzt. Sobald wir auf den Platz vor dem Eingang gefahren sind, sind x Frauen aus ihren Shops rausgeschossen gekommen, um uns klar zu machen, dass sie so nett sind, auf unseren Roller aufzupassen (voellig unnoetig, aber wen interessiert's?), wir dann aber gefaelligst nachher irgendeinen Marmormist zu kaufen haetten. Sobald man dann den Eingang zu den Bergen hinter sich hat, wird man von Teenies bedraengt, die einem Sachen zeigen, die man ohne Weiteres selbst erkennt, beispielsweise, wo es weitergeht (fuer irgendetwas gibt's ja auch Wegweiser). Man hat kaum eine ruhige Minute und kann sich keine Zeit lassen, die Dinge entspannt anzuschauen, was wirklich schade ist, aber es geht einfach nicht, wenn dauernd jemand hinter einem steht und Geld haben will. Irgendwann haben wir herausgefunden, dass es am besten ist, wenn man den Leuten mit kompliziertem Englisch kommt, denn dass sie einen nicht verstehen, wollen sie nicht zugeben, also laecheln sie freundlich und lassen einen endlich gehen. Das groesste Problem ist fuer uns, wenn wir dauernd angefasst und festgehalten werden, das geht gar nicht, nur wird das in Indien garantiert noch schlimmer. Wenigstens koennen wir hier Erfahrungen sammeln.
Genug gejammert... Wir wissen, wir haben allen Grund, es uns gut gehen zu lassen, in Deutschland ist es kalt und eklig.
Mittlerweile sind wir in Hue, ein wenig noerdlich von Hoi An, und geniessen es tatsaechlich, dass wir mal wieder lange Hosen anziehen koennen und es nicht mehr so feucht-heiss ist. Heute haben wir wieder einen Roller gemietet und uns Pagoden und das "Grab" Kaisers Tu Duc angeschaut, das aus einem Park, einem Bach und verschiedenen Gebaeuden besteht und ihm, seiner Frau und seinen Konkubinen frueher als Rueckzugsort gedient hat. Der Kerl ist uns sehr sympathisch, er war wohl ein Gourmet, der sich zu jedem Abendessen fuenfzig Gaenge, gekocht von fuenfzig Koechen und serviert von fuenfzig Bediensteten gewuenscht hat und dessen Tee aus Morgentau gemacht wurde. Das mit den Bediensteten scheint heutzutage noch Tradition zu sein in Hue, gestern haben wir in einem alles andere als luxurioesen Restaurant tatsaechlich neun Kellner auf sechzehn Tische gezaehlt, von denen die Haelfte nicht besetzt war. Ach ja, Essen wird hier mit Vorliebe auf altem Vietnam Airlines Geschirr serviert.
So, das war's mal wieder, heute Abend feiern wir unseren einmonatigen Hochzeitstag und morgen geht's mit dem Bus weiter nach Hanoi.
Ganz liebe Gruesse von uns!

Nachtrag
In Hue konnten wir den Blog leider nicht hochladen, weil die Seite nicht verfuegbar war. Inzwischen sind wir nach einer Nacht im Sleeper Bus in Hanoi angekommen. Diesen Bus muss man sich so vorstellen, dass auf zwei Stockwerken jeweils drei "Betten" nebeneinander sind, dazu im ganzen Bus vier Fernseher fuer die unsaeglichen Karaoke- und anderen Shows, dazu dreissig Zentimeter ueber jedem Bett ein Lautsprecher, der diesen Namen auch verdient. Olli hatte das Pech, auch noch den Fernseher vorm Gesicht zu haben, gluecklicherweise waren hinter uns nur noch Touristen, die alle heilfroh waren, als er gefragt hat, ob jemand was dagegen hat, wenn er die Decke ueber das Teil haengt. Der Busfahrer ist gefahren wie ein Henker und dank Ohrstoepseln habe wenigstens ich nicht mitgekriegt, wie das schwule Vietnamesenpaerchen unter uns sich nachts um zwei gepruegelt und Britney Spears gehoert hat - dafuer wurden wir wir um fuenf mit ohrenbetaeubenden Asia-Schnulzen gnadenlos geweckt...
Unser erster Eindruck von Hanoi ist grossartig, endlich das Vietnam, das wir uns vorgestellt hatten, viel traditioneller und die Leute sind wesentlich netter. Wir wohnen mitten im alten franzoesischen Viertel und freuen uns darauf, die Stadt in den naechsten Tagen zu erkunden.
Sihanoukville to Hanoi

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